Botch!
Ein Botch ist in der Wrestling-Fachsprache ein verpatztes Manöver, das potenziell einen der Kontrahenten verletzt und gefährdet. Und leider gibt’s davon im übertragenen Sinne auch einige bei 2K Battlegrounds.
Den Elefanten im Raum sollte man auch zuallererst ansprechen. Sämtliche Inhalte, die nicht durch das Spielen der Story erreicht werden können, müssen mit einer von zwei Ingame-Währungen freigeschaltet werden. Wrestling-Bucks, die durch das Absolvieren von Story, Kämpfen oder täglichen Aufgaben als Belohnung winken und Gold-Bucks, die ihr im Shop mit hart verdienten Euros kaufen könnt. Ein neuer Wrestler, je nach ‚Seltenheit‘, kostet ab 3000 bis hin zu 9000 normaler Bucks, entsprechend 100 bis 300 oder mehr Gold-Bucks. Für jeden Wrestler gibt es außerdem noch zwei oder drei alternative Kostüme, die ebenfalls alle gekauft werden können.
Von allen 70 Wrestlern startet man zu Beginn, je nach Edition, mit einem bis maximal vier, der Rest wartet winkend und klopfend in den Blisterpacks im Shop. Auch die einzelnen Wrestling-Ringe und Bauteile für den „Bau Dir einen Ring“-Modus müssen erst mit Bucks erworben werden. Und zu guter Letzt kann man mit diesen Bucks auch die Perks der Wrestler upgraden, was auch gleichzeitig die einzige Möglichkeit im Spiel darstellt, die Charaktere zu verbessern und schwerere Gegner zu einfacher zu besiegen.
Selbst die Investition von noch einmal so viel Echtgeld in Ingame-Währung wie der Kaufpreis des Spiels reicht nicht annähernd aus, um alle Elemente freizuschalten.
Kurz: Nachdem man das Spiel käuflich erworben hat, sitzen 90% des Inhalts wiederum hinter einer Paywall. Ja, man kann alle Inhalte des Spiels durch bloßes Spielen freischalten und muss keinen weiteren Cent ausgeben. Aber anhand der Rate, mit der man die Bucks durch Siege und Quests erhält, ist das ein im besten Fall unfassbar mühsames Unterfangen oder kurz gesagt: Battlegrounds nutzt die Ökonomie eines gängigen Pay 2 Win-Handyspiels.
Das Gameplay von Battlegrounds macht vor Allem im ersten Kapitel der Story wahnsinnig Spaß und begeistert sofort. So ging es auch mir, ich war hin und weg. Doch schon das zweite Kapitel setzt dem Ganzen einen gewaltigen Dämpfer auf, da der Schwierigkeitsgrad gefühlt durch die Decke schießt. Eine allgemeine Schwierigkeitsstufe in den Optionen gibt es nicht. Die regulären Gegner des Story-Modus erweisen sich hier noch als faire Gegner, aber viele der Nebenquests, die man zum Freischalten von neuen Fähigkeiten benötigt, erscheinen übermächtig und frustrierend. Nach einiger Zeit stellt man nun fest, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gibt: Hat man die gottgleichen Reflexe, um alle Konter zu schaffen, hat man einen sehr elitären Freifahrtschein durch das Spiel erhalten. Andernfalls reicht in den meisten Kämpfen ein repetitives Hämmern auf den Schlagknopf. Die KI-Gegner sehen in der Regel davon ab, den Pin auszuführen und rennen lieber im Ring herum, als den Kampf zu beenden. Was anfangs noch richtig Spaß machte, wird schon nach wenigen Stunden monoton und langweilig. Die Move-Sets der verschiedenen Wrestler geben hier auch ihr Übriges dazu, da sie sich nicht signifikant genug voneinander unterscheiden. Und sie wirken auch wenig glaubwürdig, wenn zum Beispiel Schwergewicht Bray Wyatt die gleichen Attacken nutzt wie wesentlich zierlichere Mandy Rose.
Leider hat sich auch ein ‚Feature‘ der WWE-Reihe in Battlegrounds eingeschlichen, das schon bei anderen Iterationen bemängelt wurde: Die inhaltliche Ferne zum eigentlichen Produkt, das man im Fernsehen bestaunen darf. Zunächst tauchen im Roster von Battlegrounds einige Wrestler auf, die schon im April in einer Massen-Entlassung ihren Vertrag bei der WWE verloren, namentlich zum Beispiel Luke Gallows und Karl Anderson, auch als das Tag Team The OC bekannt.
Die optischen Gimmicks der Wrestler wurden ebenfalls nur teilweise mit Liebe zum Detail bedacht. Während zum Beispiel Bray Wyatt alle drei seiner Alter Egos mit The Fiend, The Eater of Days und Firefly Funhouse zur Auswahl hat, gibt es bei den meisten Charakteren gerade einmal leichte Farbvarianten. Hier wären ältere Gimmicks wie die Schweißerbrille von Becky Lynch oder die verrückten Frisuren von Naomi eine hervorragende Möglichkeit gewesen, die alternativen Skins auch attraktiv zu machen. Zugegeben, das spart zumindest ein wenig Ingame-Währung.
Selbst die Menüführung lässt zu wünschen übrig. Das einzige Element, um seine Wrestler aktiv zu verbessern, das Steigern der Perks, ist als Unter-Untermenü im Kaufbildschirm für zusätzliche Wrestler versteckt. Der Shop für Echtgeld-Währung prangt dagegen gut sichtbar auf der Startseite.